Remstaler Tauschring wird 20 Jahre alt

Rosy Paul engagiert sich seit zehn Jahren im Vorstand des Remstaler Tauschrings. © Gabriel Habermann

Die Vorsitzende des Tauschrings, Rosy Paul, berichtet zum Jubiläum des Vereins über die Entstehung und die Idee hinter dem Konzept

Eigene Fähigkeiten gegen andere Talente eintauschen und sich gegenseitig unterstützen – diese Ideen bilden die Basis von Tauschringen. Allein in Deutschland gibt es um die 400 von ihnen. Der Remstaler Tauschring wird dieses Jahr 20 Jahre alt. Gegründet im Jahr 2003, verbindet er seitdem Menschen im Rems-Murr-Kreis und darüber hinaus. Rosy Paul ist seit zehn Jahren im Vorstand des Vereins. Sie erzählt von der Idee hinter der „organisierten Nachbarschaftshilfe“.

Vier Remstaler für jede Zeitstunde

Grundlage sei eine imaginäre Währung: der Remstaler. Die investierte Zeit, die in die Unterstützung von Vereinsmitgliedern fließt, wird in Remstalern entlohnt und auf einem Konto gutgeschrieben. Für jede investierte Zeitstunde erhält man vier Remstaler.

Beteiligte nutzen handwerkliche Talente

Tauschgeschäfte können in allen möglichen Kategorien, von der Gartenarbeit bis zur PC-Hilfe, stattfinden: Rasenmähen wird gegen die Smartphone-Einrichtung getauscht, Näharbeiten gegen Einkaufsdienste oder Fensterputzen gegen Malern. „Jede Arbeit ist gleich viel wert“, so Rosy Paul. Entscheidend seien die geleisteten Stunden. Auch die ehrenamtlichen Mitglieder werden für ihr Engagement im Verein in Remstalern bezahlt. Die so erarbeitete Zeit kann dann später in Anspruch genommen werden.

Am gefragtesten sei stets PC-Hilfe, gefolgt von handwerklichen Tätigkeiten. Zielgruppe der Tauschgeschäfte sind insbesondere Menschen, die sich reguläre Handwerker häufig nicht leisten können. „Wir haben viele Hartz-IV-Empfänger, Alleinerziehende und Rentner“, berichtet die Vorsitzende. Auch sie selbst nimmt das Angebot gerne in Anspruch: „Ich habe jetzt erst vor zwei Tagen jemanden gehabt, der mir einen Schrank zusammengebaut hat.“

Das Tauschen hat eine lange Tradition

Tauschringe gibt es weltweit und sie haben eine lange Geschichte. Bereits 2700 vor Christus, schon vor der Erfindung der Schrift, wurde mit Kupfer und Silber getauscht. Aber auch Muscheln, Tiere und Edelsteine wurden für Tauschgeschäfte verwendet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts etablierte sich während der Weltwirtschaftskrise, mit zunehmendem Wertverlust des Papiergeldes, die „Zigarettenwährung“. Die Grundidee für Tauschringe lieferte dann später Robert Owen: Der Wert einer Ware wird ihm zufolge anhand der in Arbeit investierten Zeit bestimmt.

Ältestes Mitglied ist über 90 Jahre alt

Heute wird es für den traditionsreichen Verein zunehmend zur Herausforderung, Mitglieder zu gewinnen. „Die Menschen haben keine Zeit“, meint die Vorsitzende. Das Durchschnittsalter der Vereinsmitglieder liegt zwischen 60 und 70 Jahren. Das älteste Mitglied ist über 90. Während es vor knapp zehn Jahren noch 160 Mitglieder waren, sind es heute noch 110. Die Tendenz der sinkenden Mitgliederzahlen sei durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt worden.

Am Freitag, 22. September, und am Samstag, 23. September, findet die interne 20-jährige Jubiläumsfeier des Remstaler Tauschrings statt. Neben der Feier veranstaltet der Verein auch einen öffentlichen Herbst-Flohmarkt, an dem sich jeder und jede beteiligen kann: am Samstag, 9. September, von 11 Uhr an im Forum Mitte (Blumenstraße 11) in Waiblingen.

Stammtische am ersten Sonntag im Monat

Wer Interesse hat, sich im Tauschring zu engagieren, kann zum Beispiel zu einem der Stammtische kommen, die immer am ersten Sonntag im Monat stattfinden. Um an Tauschgeschäften teilzunehmen, muss man Vereinsmitglied sein, nur so könne ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden, erklärt Rosy Paul. Weitere Informationen können unter https://tauschring-waiblingen.de aufgerufen werden.

„Die Vorstandsarbeit ist anspruchsvoll“

Momentan ist der Verein auch auf der Suche nach einer Nachfolge im Vorstand. Rosy Paul macht Werbung, sich zu engagieren: „Die Vorstandsarbeit ist anspruchsvoll“, berichtet sie, „aber auch interessant und weiterbildend.“ Man müsse erst in die Aufgaben hineinwachsen. Der Fortbestand des Vereins liegt ihr sehr am Herzen. Jeder brauche schließlich irgendeine Art von Hilfe im alltäglichen Leben. „Es ist wichtig, dass diese Institution erhalten bleibt.“

Quelle: Wie der Tauschring im Rems-Murr-Kreis Nachbarschaftshilfe organisiert © Marie Gerstung

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